Underground Piratainment ’til 2009

Unvermeidliche Vorreden: aus der Außenperspektive kritisierts sich leicht. Das hab ich bis heute auch weitestgehend gelassen – ich kenns ja auch von der anderen Seite, zu unseren Zeiten haben wir an gulli ja auch die eine oder andere einschneidende Veränderung vorgenommen und kriegten unser Fett dafür ab. Auch und gerade von Leuten, die lange und dann nicht mehr dabei waren, was auch immer ziemlich zu denken gab. Das spricht gegen diesen Text hier. Auf der anderen Seite hängt das Herz halt immer noch irgendwie dran und muss man dann vielleicht auch irgendwann mal sagen, gut, das ist jetzt einfach was völlig anderes geworden, jetzt krieg endlich die Loslasserei auf die Kette. Also: loslassen.

Dass nach einem Relaunch wie dem jetzt bei gulli erst mal Chaos ausbricht, die Leute nicht erreichbar seien, die User ignorieren, nichts fixen, wieder alles zerstoert haben, geschenkt – das weiß ich zur Genüge, dass man sich bei so nem Move tagelang permanent den Arsch aufreißen kann und trotzdem nicht hinterherkommt mit allem, was gewünscht wird. Dass das alte Design immer schöner, besser und weniger kommerziell war wie das neue Design, dito. Aber dass die eigene Nische über Bord geworfen wird, les ich grade im Feedback, und da neige ich dazu, mich anzuschließen.

Ich weiß nicht, was in der letzten Zeit mit der Toplist war. Wir hatten keinen Ärger mit ihr, und das mag sich geändert haben. Ich steck nicht drin. Aber mit der Abstellung – Umstellung mag ich das nicht nennen und mir erschließt sich auch der Sinn einer weiteren Blogtoplist nicht, die Nutzlosigkeit der bestehenden Exemplare beweist schon zur Genüge, dass nicht jedes Prinzip auf jedes Format raufgestülpt werden kann – geht halt ein Stück Geschichte und meinem Eindruck nach so das letzte, das halt für gulli steht, wie ichs kannte. Und es geht halt recht unerwartet und aus meiner Sicht raus ohne Not. Man will sie halt nicht mehr haben, so scheints mir.

Es ist recht einfach, sich über den Wunsch nach “seriösen” Seiten auf einer gulli-toplist lustig zu machen, insbesondere, wenn man mit dem Projekt nichts mehr zu tun hat und sich die eigenen Betätigungsfelder in, nennen wirs beim Namen, seriösere Gefilde verlagert haben. Ironischerweise hatte ich erst gestern ein paar Mails aus alten Zeiten auf dem Schirm, in denen ich mich darüber ausgekotzt hatte, wie nervig die gulli-Administriererei und alles drumrum gelegentlich sei. Im Nachhinein wird vieles rosa. Aus der Perspektive raus mag ich aber davaddas “das wars dann wohl” unterschreiben. Die Seite wird ne gute Anlaufstelle bleiben, die Community ihren Weg weiter machen und die Leitung sich noch vieles anhören müssen. Wie früher auch. Aber mir fehlen inzwischen zu viele Sachen, die ich mit gulli verbinde, es ist ein wenig wie der linksradikale Klassenkamerad, den man nach Jahren wiedertrifft und der einem die Kapitalanlage seines Investmentunternehmens verkaufen will. Man konstatiert die gegenseitige Weiterentwicklung, geht auch noch ein Bier trinken zusammen, und dann geht man jeder für sich heim und ist ein wenig enttäuscht.